Aufräumen, Naturschutz und Geschichte

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Besser als vor der Glotze hängen: Am vergangenen Wochenende haben wir das Schülercafé nach draußen verlegt und die vermüllte Ruhrpromenade gesäubert. Bei der Gelegenheit haben wir uns auch kurz mit der Geschichte des „Brückenheiligen“ Nepomuk beschäftigt, an dessen Standbild man in Meschede täglich vorbeikommt. Wie bei anderen Männern und Frauen aus der Geschichte des Christentums gibt es zu ihm eine wirkliche Geschichte und eine volkstümliche Legende, die wir beide nachgelesen haben.

Danach wurde es wieder konkret und wir haben uns um unseren Garten gekümmert. Die Robinie aus dem vorletzten Jahr blüht zum ersten Mal und wird bereits von Meschedes Bienen angeflogen. Die Kiefer aus dem letzten Jahr wurzelt endlich und treibt kräftige „Kerzen“ in die Höhe. Außerdem haben wir eine Kornelkirsche eingepflanzt, denn wir ersetzen nach und nach solche Pflanzen, die den Bienen und Vögeln nichts nützen, durch nützliche Arten.

Nachdem wir uns in der vorvorigen Woche, zum Jahrestag des Sieges über den Faschismus, mit dem Schicksal der Zwangsarbeiter in der Mescheder Industrie beschäftigt hatten, haben wir uns an diesem Wochenende angesehen, wie der Feiertag andernorts in Meschede gewürdigt worden ist. Wir haben das Ehrenmal in der Fulmecke besucht, das rechtzeitig vor dem 75. Jahrestag schön instandgesetzt worden ist. Jedes Jahr im Mai wird es von Menschen besucht, die der sowjetischen und polnischen Zwangsarbeiter gedenken, welche in der Kriegsendphase hier in der Nähe ermordet worden sind. In diesem Jahr gab es besonders viele und schöne Blumensträuße.

Anhand der dort niedergelegten Devotionalien haben wir die Bedeutung des Georgsbandes (auch Gardebandes) kennengelernt und erfahren, dass der Zweite Weltkrieg in Russland heute als „Vaterländischer Krieg“ Отечественная война bezeichnet wird.

Alles erfolgte natürlich unter Berücksichtigung der geltenden Abstands- und Hygieneregeln.

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300 neue Roteichen für Meschede

Wenn alles gutgeht, hat Meschede in ein paar Jahren 300 neue Roteichen. Der Baum gilt als besonders widerstandsfähig gegenüber Schädlingen und Klimaveränderungen.

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Jugendliche aus dem Schülercafé haben am Freitag einen Beitrag geleistet, ein Waldstück zu retten, das vom Borkenkäfer zerstört worden ist. Wir haben mit angespitzten Werkzeugstielen in vernünftigen Abständen Löcher in den Waldboden gemacht, die Eicheln hineingelegt und die Löcher wieder mit Erde verschlossen. Jetzt muss es nur noch regnen.

Die Exkursion erfolgte natürlich unter Einhaltung der gegenwärtigen Vorschriften zur Kontaktbegrenzung. Neben dem praktischen Naturschutz haben wir dabei auch noch eine ganze Menge gelernt: Darüber, welche Bäume es bei uns im Wald überhaupt gibt. Über den Aufbau eines Baumstammes aus Kernholz, Splintholz, Kambium, Bast und Borke. Wie der Baum in seinem Inneren nährstoffreiches Wasser transportiert – und wie genau diese Transportleitungen durch die Fraßgänge des Borkenkäfers unterbrochen werden, so dass der Baum austrocknet.

Zwei typische solcher Fraßgänge haben wir uns zeigen lassen, den des „Buchdruckers“ und den des „Kupferstechers“, so benannt nach den Mustern, die sie im Splintholz und in der Unterseite der Borke hinterlassen. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Borkenkäfern, wie überhaupt jeder Baum auch seinen speziellen „Schädling“ hat.

Schädling in Anführungszeichen, denn eigentlich, so haben wir erfahren, gehören diese Insekten durchaus dazu und wären gar nicht so schlimm. Schlimm wird es nur, wenn sie wegen ungewöhnlich trockenen und warmen Wetters wie im letzten und vorletzten Jahr nicht nur zweimal, sondern bis zu viermal im Jahr ausschwärmen, Bäume befallen und sich darin weiter vermehren. Der natürliche Schutz der Bäume (sie würden Insektenbefall eigentlich abwehren, indem sie Harz produzieren und die Tiere damit einschließen) reicht dann wegen der riesigen Anzahl von Käferlarven und der durch die Trockenheit bedingten, geringeren Menge Harz einfach nicht mehr aus, um den Baum zu retten.

Der Schaden sei allerdings zum Teil auch unmittelbar menschengemacht, erklärte uns der Fachmann. Manche Nutzwälder überaltern heute, so dass die darin stehenden Bäume den Insekten weniger Widerstand entgegensetzen können. Und manche Waldbesitzer würden geschlagenes Holz zu lange im Wald liegen lassen, weil sie noch auf eine bessere Preisentwicklung warten wollen. Auch in diesem Holz vermehren sich die Borkenkäfer massenhaft weiter und befallen als nächstes lebendige Bäume.

Weil wir den ausgesäten Eicheln im Wald schlecht beim Keimen und Wachsen zusehen können, haben wir im Jugendzentrum die letzten sechs in transparente Anzuchttöpfe gesteckt. Dabei haben wir uns noch mit dem Unterschied zwischen generativer und vegetativer Vermehrung von Pflanzen beschäftigt, mit der Vermehrung durch Samen und durch Stecklinge.

Wir wollen nämlich auch einige Weiden vermehren, die bei uns am Ruhr-Ufer wachsen. Sie lassen sich gut und schnell mit Stecklingen vermehren, mit kleinen Zweigen, die einfach in ein Glas Wasser gestellt werden, bis sie Wurzeln kriegen, und dann in die Erde gepflanzt werden können. In der Natur passiert das auch, wenn ein Weidenbaum einen Zweig verliert, er in die Ruhr fällt und weiter flussabwärts ans Ufer treibt und Wurzeln schlägt. Weiden blühen schon früh im Jahr, manchmal schon Anfang März, und sind eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten.

Früher, so erfuhren die Jugendlichen, war die Weide außerdem wichtig, weil man mit den Zweigen sehr gut Körbe und Zäune flechten kann. Außerdem sind sie in vielen Hauswänden von Fachwerkhäusern im Sauerland verbaut: Das sogenannte Gefach, also der Raum zwischen den Balken, wurde mit Weidengeflecht ausgefüllt, das mit Lehm beworfen und abschließend weiß angemalt wurde.

 

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75 Jahre Kriegsende: NS-Gedenkstätte für einen Tag

Die Mescheder Falken haben den 75. Jahrestag des Sieges über den Faschismus (wegen Corona mit etwas Verspätung) in ihrem Schülercafé in Meschede begangen. Das Denkmal im Kreisverkehr bei der größten Mescheder Fabrik war Gedenkstätte für einen Tag. Der Gießer trug das „Ost“-Abzeichen, mit dem die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion (heute Russland und Nachbarländer) gekennzeichnet waren. Ihrer und aller anderen Arbeiterinnen und Arbeiter, die im deutschen Faschismus Zwangsarbeit leisten mussten, wurde mit einem Strauß roter Nelken gedacht, einem Symbol der internationalen Arbeiterbewegung.

Mehrere Tausend Zwangsarbeiter, so berichtete der Jugendgruppenleiter der Falken, mussten bis 1945 in der Mescheder Rüstungsindustrie schuften. Sie mussten Waffen und Fahrzeugteile herstellen, die Zerstörung, Leid und Tod in die Welt getragen haben. Auch in der Landwirtschaft und in Privathaushalten wurden Zwangsarbeiter eingesetzt: kriegsgefangene Soldaten oder junge Menschen, die in den von deutschen Soldaten besetzten Gebieten teilweise einfach auf der Straße festgenommen und nach Deutschland entführt worden waren.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter mit dem „Ost“-Abzeichen bildeten in der rassistischen und politischen Rangordnung der Nazis die unterste Stufe, sie hatten in Deutschland die schlechtesten Lebensbedingungen und waren am stärksten von Rechtlosigkeit und Gewalt betroffen.

Auch gegen die Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter in Meschede gab es gewalttätige Übergriffe, etwa durch einen Hilfspolizisten, der sie auf dem Weg zur Arbeit unter den Augen der Öffentlichkeit schikaniert hat. Darüber berichtet der Aufsatz „Die Stunde Null“ des Mescheder Stadtarchivs. Es gibt allerdings auch Berichte von vorsichtigen Freundschaften zwischen Mescheder Jugendlichen und jungen Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern. Vorsichtig, weil zuviel Freundschaft zwischen ihnen damals mit krassen Strafen bedroht war.

Nicht gut erforscht ist anscheinend bis jetzt, was mit den tausenden Mescheder Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern war, als die Stadt im Februar und März 1945 bombardiert worden ist, um endlich die Rüstungsindustrie zu zerstören. Konnten sie sich in Sicherheit bringen, oder wurden sie wie in manchen anderen Städten fast schutzlos den Bomben ausgesetzt? Die städtische Chronik berichtet (wörtlich): Fast 50 Menschenleben gingen in diesem Hexenkessel zugrunde, eine Anzahl Ausländer nicht eingerechnet.

Die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung erfuhren, dass Meschede am 8. April 1945 durch die Amerikaner von den Nazis befreit worden ist. Dabei sind – so berichtete jetzt ein Zeitzeuge im Interview mit einer Mescheder Zeitung – noch fünf amerikanische Soldaten getötet worden. Auch dieser jungen Männer, die nicht mehr nach Hause gekommen sind, die noch kurz vor Schluss ihren Beitrag zur Niederschlagung des Naziregimes mit dem Leben bezahlt haben, wurde auf der Veranstaltung gedacht.

Und auch hier hat die Mescheder Stadtchronik offenbar noch einen blinden Fleck. Darin heißt es nur: Am Abend desselben Tages (8.4.1945) von 21.00 Uhr an nahmen die Amerikaner Meschede in Besitz, nachdem sie die Kreisstadt vom 7.8. ab beschossen hatten (Fehler im Original, richtig ist natürlich 7.4.). Sie drangen gleichzeitig von Norden und Osten her in die Stadt ein. Der Widerstand war beendet und die Amerikaner besetzten die Stadt.

Unser Fazit: Die Mescheder Stadtchronik, die schon einige Jahre alt ist, sollte aktualisiert werden. Am besten setzt sich mal jemand dran und erforscht die Ereignisse der Kriegsendphase in Meschede nochmal etwas genauer. Wir werden geschichtsinteressierte Mescheder Schülerinnen und Schüler darauf aufmerksam machen, und auch die Historiker vom LWL.

Fazit 2: Auf dem Stiftsplatz gibt es eine „Heldengedenkstätte“ im Stil der 1920er Jahre. Man sagt, diese Denkmäler dienten weniger wirklich der Trauer als vielmehr schon der geistigen Vorbereitung des nächsten Krieges, der Revanche. Glücklicherweise wurde sie irgendwann durch einen Gedenkstein ergänzt, der den Opfern von Krieg und Gewalt gewidmet ist. Dem allein ist  zu vedanken, dass man nicht vollkommen geschichtsvergessen und kein Nazi sein muss, um an einem zentralen Ort in der Mescheder Innenstadt der Opfer des Krieges zu gedenken. Aber der Stein ist beschädigt. Wir wollen uns für die Reparatur einsetzen.

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1945 – 2020: 75. Jahrestag des Sieges über den Faschismus

Die Mescheder Falken begehen den 8./9. Mai 2020, den 75. Jahrestag des Sieges über den Faschismus in ihrem Schülercafé. Mehr wird noch nicht verraten.

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Zeltlager 2020 abgesagt

Die Falken HSK sagen ihr Spanienzeltlager 2020 ab.

Die Zahl der wegen Corona verstorbenen Menschen liegt in Spanien Ende April bei 23.800 bei 47 Millionen Einwohnern (BRD 6300 bei 83 Millionen Einwohnern). Die hohe Sterblichkeitsrate der mit Corona Infizierten ist ein Zeichen dafür, dass das spanische Gesundheitssystem auch ohne Touristen schon mit der Situation überfordert ist.

Die Lockerung der Regeln auf Beschluss der spanischen Regierung vom vergangenen Wochenende ist bisher nur geringfügig und kann jederzeit und mit regionalen Unterschieden widerrufen werden.

Währenddessen steigt in der BRD die Reproduktionsrate des Virus nach der Lockerung wieder auf 1,0 (sie sollte darunter bleiben), so dass auch bei uns jederzeit wieder strengere Maßnahmen beschlossen werden können. Diese Aussicht ist uns zu ungewiss und die Lage für unsere Teilnehmenden und ihre Familien zu gefährlich.

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Zeltlager oder nicht?

Liebe Teilnehmende, liebe Eltern, sicher fragt Ihr euch, ob das Sommerzeltlager 2020 stattfinden kann oder nicht. Bisher gehen wir davon aus, aber auch nach den Beschlüssen der Bundesregierung vom 15. April, die bis zum 4. Mai gelten, können wir es noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Wir müssen noch Geduld haben.

Sollten wir seitens des Zeltplatzbetreibers eine Absage bekommen, werden wir euch sofort hier auf unserer Internetseite und auch mit E-Mail informieren.

Viele Grüße,
euer Zeltlager-Team

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Heute vor 75 Jahren in Meschede: Nazis defeated!

Heute vor 75 Jahren, am 8. April 1945, zogen amerikanische Soldaten in Meschede ein. Die Nazis, die seit Januar 1933 an der Macht gewesen waren, waren endlich besiegt.

Die Mescheder Innenstadt war schon im Februar und März 1945 von der 8. US-Air Force bombardiert worden, um die Rüstungsindustrie zu zerstören, das Verkehrs- und Nachrichtennetz zu unterbrechen und die V2 Raketen auszuschalten, die von hier aus gestartet werden sollten.

Wer sich für die Mescheder Geschichte interessiert, findet in dem Aufsatz „Die Stunde Null“ des Stadtarchivs ab Seite 26 weitere Einzelheiten.

Und auch in dem Buch Die Holzschale der Kahns von Karl Schaefer aus Meschede könnt Ihr ab Seite 176 etwas darüber lesen.

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Wie sieht’s aus nach drei Wochen Homeschooling?

Zeit online bringt ein Gespräch mit einem Bildungsforscher, der versucht, einen Überblick über die zurückliegenden drei Wochen Homeschooling zu geben.

Wie sieht es bei euch aus? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht? Wie würdet Ihr die Interview-Fragen beantworten? Das Schülercafé der Falken HSK kann ja im Moment nicht stattfinden, aber Ihr könnt eure Erfahrungen auch schreiben. An falkenhsk@gmail.com. Oder an die bekannten Messenger- und WhatsApp-Adressen.

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Medizinische Fakten zur Corona-Pandemie

Die Tageszeitung Junge Welt veröffentlicht eine kurze, aber gründliche Übersicht des Biologen Andreas Wessel zum Thema Corona.

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März 2020: Erinnerung an Kapp-Putsch, Generalstreik und Rote Ruhrarmee

Wir erinnern aus Anlass des 100. Jahrestages an den Generalstreik gegen den Kapp-Putsch und den Kampf der Roten Ruhrarmee. Unser Motto: „Bleibt wachsam gegen die Feinde der Republik!“

Am 13. März 1920 versuchten rechtsgerichtete Soldaten unter Führung der Generäle Lüttwitz und Ludendorff zusammen mit dem Nationalisten Kapp, in Deutschland die politische und militärische Macht an sich zu reißen. Deutschland war zu dem Zeitpunkt seit einem Jahr eine Republik. Kapp und seine Komplizen waren gegen die Demokratie, und sie hatten auch persönlich etwas zu verlieren, denn das Militär sollte nach dem verlorenen Krieg verkleinert werden. Also machten sie einen Putsch. Sie ließen Soldaten nach Berlin marschieren, das Regierungsviertel besetzen und erklärten öffentlich, dass sie jetzt die Chefs im Staat wären.

Das wollten sich aber glücklicherweise die meisten Menschen nicht gefallen lassen. Sie hatten einfach den Kaffee auf von Militarismus, Krieg und Bevormundung durch hochmütige Adlige und herrische Offiziere. Deswegen hatten sie ja im November 1918 erst eine Revolution gemacht, sich in Versammlungen für die Staatsform der parlamentarischen Demokratie entschieden und im Januar 1919 eine Regierung gewählt.

Als der Putschversuch kam, konnte sich die gewählte Regierung (SPD, Zentrumspartei und Deutsche Demokratische Partei [eine Art FDP-Vorläufer]) gerade noch in Sicherheit bringen und ist nach Stuttgart gefahren. Von dort aus riefen sie jetzt die ganze arbeitende Bevölkerung zum Generalstreik auf: Keiner sollte mehr arbeiten gehen! Ohne Eisenbahnen, Druckereien, Telefon, Post, Beamte usw. sollten die Putschisten keine Chance haben. Das hat auch geklappt, nach vier Tagen, am 17.3.1920, haben sie aufgegeben, der Streik war ein voller Erfolg.

Inzwischen hatten sich viele der streikenden Arbeiter bewaffnet, um den Putschisten und ihren Soldaten notfalls auch mit der Waffe in der Hand Widerstand leisten zu können. Die sogenannte Rote Ruhrarmee, eine Armee aus Arbeiterinnen und Arbeitern, auch vielen Jugendlichen, soll über 50.000 Mitglieder gehabt haben. Als Erkennungszeichen trugen viele von ihnen rote Armbinden. Die Gewehre, zumeist Karabiner 98, hatten sie großenteils noch aus dem Ersten Weltkrieg.

Viele von ihnen wollten allerdings nicht nur die Republik retten, sondern auch die Versprechen der Novemberrevolution von 1918 noch einlösen: Sie wollten mehr Demokratie. Sie wollten Teile der Industrie verstaatlichen, um den reichen Industriellen (die sie für den Krieg mitverantwortlich machten) ihre große wirtschaftliche und politische Macht zu nehmen. Sie wollten demokratisch darüber mitbestimmen können, was in den Fabriken produziert werden sollte und was mit den Gewinnen geschieht, so wie man es ihnen vor der Revolution eigentlich versprochen hatte. Und sie wollten für ihren neuen Staat auch ein demokratisches Militär haben; damit haben sie selbst schon mal angefangen.

Teil 1, den Putschversuch zurückzuschlagen, hat gut geklappt. Teil 2, die Republik im Sinne der Revolution weiterzuentwickeln, hat nicht geklappt: Die Regierung hat Soldaten gegen die Revolutionäre eingesetzt, und letztlich ist die Arbeiterarmee geschlagen worden. Damals spielten übrigens auch schon Fake news eine Rolle: Weil man den Soldaten ziemlich schauerliche Sachen über die Rote Ruhrarmee erzählt hat, sind sie oft sehr brutal gegen die Arbeiterinnen und Arbeiter vorgegangen, haben Wehrlose und Unbeteiligte schwer misshandelt, Gefangene erschlagen und erschossen.

Manche haben genau das später als eine Keimzelle für den späteren Faschismus bezeichnet: Das Militär ist nicht demokratisiert, sondern von der Regierung gegen die revolutionären Arbeiterinnen und Arbeiter eingesetzt worden. Viele Soldaten, die – von reichen Unternehmern bezahlt – in den sogenannten Freikorps mitgemacht hatten, sind später auch in der SS gewesen und haben dort mit ihren Grausamkeiten weitergemacht. Ob der Faschismus, der zweite Weltkrieg, der Massenmord an den europäischen Juden der Welt erspart geblieben wäre, wenn 1920 die Revolutionäre gewonnen hätten, wissen wir nicht. Diese Antwort ist uns die Geschichte schuldig geblieben.

Wir gedenken jedenfalls heute, 100 Jahre nach dem Kapp-Putsch, der mutigen Männer, Frauen und Jugendlichen, die sich im März 1920 den rechten Putschisten entgegengestellt haben. Wir trauern um die Opfer der Kämpfe, die sich für die Republik, für die Demokratie, für die Menschenwürde und gegen Militarismus und Obrigkeitsstaat eingesetzt haben.

Wir mahnen, wachsam zu bleiben gegenüber neofaschistischen Tendenzen – ob im Staatsapparat und Regierungshandeln, in Bundeswehr und Polizei, in Parteien und Vereinen oder im eigenen Kollegen- und Bekanntenkreis. Dass sich manche einen autoritären, aggressiven Obrigkeitsstaat zurückwünschen, ist für uns nicht nachvollziehbar. Aus unserer Sicht gilt es auch weiterhin, die Freiheitsrechte, Gleichheitsrechte und Solidaritätsverpflichtungen der modernen Gesellschaft zu verteidigen und weiterzuentwickeln.

Wir verlinken im Folgenden auf Dokumentationen und Spielfilme zum Thema:
ZDF-Dokumentation
kurz und knapp

Spielfilm „Aus einem Deutschen Leben“
Ziemlich ’70er, zeigt aber recht gut, welche Charaktere bei den sogenannten Freikorps angeheuert und im faschistischen Staat Karriere gemacht haben.

Bild: Gedenkstätte in Pelkum bei Hamm

 

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